Endlose Alleen, wehrhafte Ordensburgen, paradiesische Haff-Landschaften und ein Besuch in Danzig - gut einen Monat lief der Hamburger Journalist Carsten Voigt von Berlin ins 600 Kilometer entfernte Königsberg, das heute Kaliningrad heißt. Sein Weg führte entlang der ehemaligen Reichsstraße 1, heute die polnische Fernstraße 22. Einst verlief die Reichsstraße 1 von Aachen über Berlin, Küstrin, Landsberg (Warthe), Dirschau, Elbing bis nach Königsberg und drüber hinaus. Sie war eine der wichtigsten Verkehrsverbindungen zwischen West- und Osteuropa.
"Höhepunkte meines Fußmarsches waren die Begegnungen mit den Menschen", so Voigt, der schnell bemerkte, wie einsam es sein kann, den ganzen Tag am Straßenrand oder querfeldein zu laufen. In der Wallfahrtskirche von Schrotz, gelegen zwischen Walcz (Deutsch Krone) und Pila (Schneidemühl), lud ihn der Pfarrer auf eine Tasse Kaffee in sein Haus. Der Besuch bei dem polnischen Kirchenmann gab dem Fußgänger nach Tagen heftigen Unwetters Kraft für den weiteren Weg.
Von Tczew (Dirschau) aus folgte der Wanderer der Einladung einer polnischen Deutschlehrerin nach Danzig, besuchte die restaurierte Altstadt, wandelte auf den Spuren des Danziger Ehrenbürgers Günter Grass und besichtigte die Westerplatte, wo 1939 die ersten Schüsse des Zweiten Weltkriegs fielen.
Über Marienburg und Elbing lief Voigt ans Frische Haff nach Tolkemit und Frauenburg. "In Tolkemit gab es das reichlichste Frühstück, in Frauenburg die größte Kathedrale und dazwischen die schönste Landschaft auf meinem Weg", so Voigt. Rund 80 Kilometer vor dem Ziel, an der polnisch-russischen Grenze bei Mamonowo (Heiligenbeil) musste der Geher zu einem russischen Gemüsehändler ins Auto steigen, weil das Passieren der Grenze per pedes verboten ist. Auf russischem Gebiet stieg Voigt zur Verblüffung seines Chauffeurs wieder aus und setzte - wie geplant - seinen Weg bis nach Kaliningrad (Königsberg) zu Fuß fort.